Persistente organische Schadstoffe wie DDT oder Lindan gelten als eine der grössten Altlasten des 20. Jahrhunderts. Aufgrund ihrer hohen chemischen Stabilität verbleiben sie über Jahrzehnte in Böden, Gewässern und Organismen, reichern sich in der Nahrungskette an und stellen bis heute ein Risiko für Umwelt und Gesundheit dar. Trotz jahrzehntelanger Verbote sind diese Substanzen weiterhin weit verbreitet nachweisbar.
Die Sanierung kontaminierter Böden, Deponien und Schlämme stellt die Umwelttechnik und Chemie vor grosse Herausforderungen, da viele etablierte Verfahren entweder ineffizient sind oder neue Umweltprobleme verursachen.
Elektrolyse als neuer Ansatz
Ein Forschungsteam der ETH Zürich unter der Leitung von Bill Morandi, Professor für synthetische organische Chemie, hat nun ein elektrochemisches Verfahren entwickelt, das diese Schadstoffe nicht nur abbaut, sondern sie in nutzbare Industriechemikalien überführt. Die Methode basiert auf einer gezielten Elektrolyse, bei der die stabilen Kohlenstoff-Halogen-Bindungen der Schadstoffe gespalten werden.
Dabei entstehen harmlose anorganische Salze sowie Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Diphenylethan oder Cyclododecatrien, die als Grund- und Zwischenstoffe in der chemischen Industrie verwendet werden.
Recycling des Kohlenstoffgerüsts
Ein zentrales Merkmal des Verfahrens ist die Wiederverwertung des Kohlenstoffgerüsts der Schadstoffe. «Auch von einem energetischen Punkt aus betrachtet waren die bisherigen Methoden ineffizient», sagt Patrick Domke, Doktorand in Morandis Gruppe. «Die Verfahren waren kostspielig und führten trotzdem noch zu umweltschädlichen Resultaten.»
Gemeinsam mit dem Elektrochemie-Spezialisten Alberto Garrido-Castro entwickelte Domke ein Verfahren, das die Schadstoffe vollständig enthalogeniert. «Der entscheidende Durchbruch gelang mit dem Einsatz von Wechselstrom bei der Elektrolyse. Sie spaltet die Halogenatome in harmlose Salze wie NaCl (Kochsalz) und erzeugt gleichzeitig wertvolle Kohlenwasserstoffe», erklärt Morandi.
Wechselstrom statt Spezialinfrastruktur
Das Verfahren nutzt Wechselstrom und kommt mit einer ungeteilten Elektrolysezelle aus. Als Lösungsmittel dient Dimethylsulfoxid (DMSO), ein Nebenprodukt der Zellstoffherstellung. Der Einsatz von Wechselstrom reduziert den Elektrodenverschleiss und verhindert unerwünschte Nebenreaktionen. «Was unser Verfahren technisch so besonders macht: Wir haben es geschafft, Wechselstrom zu nutzen, also ganz normalen Haushaltsstrom. Eine billigere Ressource gibt es in der Chemie eigentlich nicht», erklärt Garrido-Castro.
Anwendung direkt vor Ort möglich
Die Methode eignet sich nicht nur für Reinstoffe, sondern auch für Gemische aus kontaminierten Böden oder Schlämmen, die ohne aufwendige Vorreinigung behandelt werden können. Ein Prototyp wurde bereits erfolgreich an DDT und Lindan getestet. «Unsere Anlage ist mobil und lässt sich vor Ort zusammenbauen. Somit entfällt der Transport der gefährlichen Stoffe», erklärt Domke.
Damit eröffnet das Verfahren neue Perspektiven für die Altlastensanierung und verbindet Umwelttechnik mit einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft.