Biologische Zellmembranen sind hochdynamische Strukturen, die grundlegende Prozesse wie Kommunikation, Wachstum und Anpassung an Umweltbedingungen steuern. Künstliche Membranmodelle konnten dieses Verhalten bisher nur eingeschränkt nachbilden, da sie in der Regel statisch bleiben. Um diese Lücke zu schliessen, haben Forschende eine neue chemische Strategie zur gezielten Steuerung künstlicher Membranen entwickelt.
Internationale Forschung mit Schweizer Beteiligung
Die Studie entstand in einer Zusammenarbeit zwischen dem Institute of Science Tokyo und der Universität Basel. Geleitet wurde das Projekt von Professor Kazushi Kinbara und Doktorand Rei Hamaguchi vom Institute of Science Tokyo sowie von Professor Thomas R. Ward von der Universität Basel. Die Ergebnisse wurden im Oktober 2025 im Journal of the American Chemical Society veröffentlicht.
Künstliche Metalloenzyme als Steuerungselement
Im Zentrum der Arbeit steht ein künstliches Metalloenzym, das auf der Oberfläche künstlicher Membranen wirkt. Der Hybridkatalysator kombiniert das Protein Streptavidin mit einem Ruthenium-Metallkomplex und wird über biotinmarkierte Lipide gezielt an der Membran verankert. Dort löst er eine ringschliessende Metathesereaktion aus, bei der freie Fettsäuren aus inaktiven Vorläufern freigesetzt werden.
Die freigesetzten Fettsäuren integrieren sich in die Membran und verändern deren physikalische Eigenschaften wie Steifigkeit und Krümmung. Dadurch lassen sich phasengetrennte Domänen gezielt auflösen und Membranen zur Teilung bringen, was dem Verhalten natürlicher Zellmembranen ähnelt.
Bedeutung für Chemie und Pharmaforschung
Die Arbeit gilt als erster Ansatz, das physikalische Verhalten künstlicher Membranen gezielt über eine chemische Reaktion zu programmieren. Sie liefert neue Impulse für die synthetische Biologie und die Entwicklung lebensähnlicher Materialien, die auf ihre Umgebung reagieren können. Langfristig könnten daraus auch Anwendungen in der Chemie- und Pharmaforschung entstehen, etwa bei der Entwicklung neuer therapeutischer Konzepte.
Die Beteiligung der Universität Basel unterstreicht dabei die Rolle der Schweizer Forschung an der Schnittstelle von Chemie, Biologie und Medizin.
Literatur
"Programmable Artificial-Cellular Membrane Dynamics via Ring-Closing Metathesis", Rei Hamaguchi, Damian Alexander Graf, Kazushi Kinbara, Thomas R. Ward, J. Am. Chem. Soc. 2025. https://doi.org/10.1021/jacs.5c10187