Die Herstellung von Beton trägt rund neun Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoss bei. Wenn wir den Klimawandel bekämpfen wollen, brauchen wir also neue Betonsorten, die länger halten, weniger Treibhausgase erzeugen und vielleicht sogar so stabil sind, dass man schlankere – sprich: materialsparende – Strukturen bauen kann. Empa-Forscher haben dazu eine Idee: Könnte ein sich selbst vorspannender Beton die Lösung sein?
Schon jetzt experimentieren die Forscher mit Stahlbeton-Elementen, die nicht hydraulisch, sondern mittels Wärme gespannt werden. Moslem Shahverdi aus der Empa-Abteilung «Ingenieur-Strukturen» möchte noch einen Schritt weitergehen: Kleine, zwei bis drei Zentimeter lange Drahtstücke werden im Beton verteilt. Erhitzt man diese Drähte, die aus einer speziellen Legierung bestehen – so genannte Formgedächtnislegierungen («shape memory alloys», SMA) –, dann ziehen sie sich zusammen. So könnte Beton entstehen, der sich «auf Knopfdruck» in allen Raumrichtungen von selbst vorspannt. Und sehr viel stärker und dauerhafter wäre als herkömmlicher Stahlbeton, wie wir ihn seit 140 Jahren nutzen.
Forschende aus zwei weiteren Empa-Abteilungen unterstützen Shahverdi: Experten der Abteilung «Beton und Asphalt» entwickeln Betonmischungen mit einem geringerem CO2-Fussabdruck. Und KollegInnen der Abteilung «Mechanical Systems Engineering», die auf die Berechnung der Festigkeit kleiner und grosser Bauteile spezialisiert sind, können Shahverdi mit Hilfe sogenannter Finite-Elemente-Simulationen besonders vielversprechende Versuchsanordnungen vorschlagen. Dadurch lässt sich die Anzahl der tatsächlichen Experimente deutlich senken, die Forscher kommen schneller ans Ziel.
Mut zum Risiko – auch seitens der Unterstützer
«Es ist ein klassisches ‹High-Risk-High-Gain›-Projekt», so Masoud Motavalli, der die Forschungsabteilung «Ingenieur-Strukturen» leitet. «Das Risiko eines Fehlschlags ist hoch, aber es gibt auch sehr viel zu gewinnen.» Immer wieder ist Motavalli seit 2008 mit dieser Idee an Förderagenturen und Industrieunternehmen herangetreten, lange ohne Erfolg.
Nun gelang es dem Empa Zukunftsfonds, die Ernst Göhner-Stiftung für eine Finanzierung zu gewinnen. Damit kann das ehrgeizige Projekt nun endlich starten. «Wir sind sehr glücklich und dankbar darüber, dass wir mit dieser grosszügigen und mutigen Anschubfinanzierung durch die Ernst Göhner-Stiftung ein grosses Ziel ins Visier nehmen können: Klimaschutz mit Hilfe intelligenter Baustoffe der Zukunft», sagt Gabriele Dobenecker vom Fundraising-Team der Empa. Unterstützung seitens Stiftungen, aber auch private Spenden an den Empa Zukunftsfonds würden solche visionären Projekte überhaupt erst ermöglichen und seien daher für die Empa von grosser Bedeutung.