Der Bundesrat hat am 4. März 2022 die Botschaft zum indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative verabschiedet. Wie die Initiantinnen und Initianten will auch der Bundesrat die biologische Vielfalt besser schützen. Die Initiative geht ihm aber zu weit: Bei einer Annahme würde sie den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen Übermässig einschränken. Mit dem indirekten Gegenvorschlag will der Bundesrat dafür sorgen, dass schweizweit genügend Schutzfläche geschaffen und vernetzt wird, um so ausreichend Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern. Weiter sollen die Biodiversität auch in Siedlungsgebieten gestärkt und die Förderung einer hohen Baukultur auf Gesetzesebene verankert werden.
Die am 8. September 2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» eingereichte Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» verlangt einen stärkeren Schutz der Biodiversität und Landschaft. Mit einer Anpassung der Bundesverfassung will die Initiative Bund und Kantone dazu verpflichten, die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert für die Biodiversität mehr Flächen und mehr Gelder der öffentlichen Hand.
Für den Bundesrat ist klar, dass die biologische und landschaftliche Vielfalt besser zu schützen und zu fördern ist. Die Initiative geht ihm aber zu weit, da sie den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen Übermässig einschränken würde. Aufgrund des anerkannten Handlungsbedarfs stellt der Bundesrat der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber, den er an seiner Sitzung vom 4. März 2022 zuhanden des Parlaments verabschiedet hat. Dieser indirekte Gegenvorschlag trägt auch den energiepolitischen Zielen des Bundesrats Rechnung.
Mehr Biodiversität in Quantität und Qualität
Im Mittelpunkt des indirekten Gegenvorschlags steht die Sicherung des notwendigen Raums für Tiere und Pflanzen. Dafür will der Bundesrat 17 Prozent der Landesfläche zum Schutz der Biodiversität im Gesetz verankern. An diesem Ziel hat sich der Bundesrat bereits 2012 in seiner Strategie Biodiversität Schweiz orientiert. Aktuell liegt der Anteil dieser Schutzflächen in der Schweiz bei 13,4 Prozent. Mit der gesetzlichen Verankerung des 17-Prozent-Zieles stärkt der Bundesrat seinen Auftrag, in allen Landesteilen und für alle Lebensraumtypen die notwendige Fläche für die biologische Vielfalt zu sichern. Erreichen lässt sich dieses Ziel beispielsweise mit der Ergänzung und Erweiterung regionaler und lokaler Biotope oder dem bereits laufenden Ausbau der Waldreservate. Zudem sollen die bestehenden nationalen Schutzgebiete wo nötig saniert werden.
All diese Flächen sind als Kerngebiete Teil der sogenannten ökologischen Infrastruktur, ein zentrales Element zum Schutz der Arten und Lebensräume. Sie werden ergänzt durch die Vernetzungsgebiete. Diese gewährleisten, dass sich die Arten frei in der Landschaft bewegen können, um sich zu ernähren, sich fortzupflanzen oder neue Lebensräume zu besiedeln. Dazu dienen naturnahe Fliessgewässer und Waldränder ebenso wie ökologisch wertvolle Grünräume entlang von Verkehrsinfrastrukturen oder auch Wildtierbrücken und Amphibiendurchlässe. Mit dem indirekten Gegenvorschlag sollen Bund und Kantone zur Weiterentwicklung, zur Sicherung und zum Unterhalt der ökologischen Infrastruktur verpflichtet werden.
Mehr Natur in Quantität und in Qualität ist sowohl für die biologische Vielfalt als auch für das Wohlbefinden der Bevölkerung wertvoll. In diesem Sinn stellt die verstärkte Förderung der Natur im Städten und Gemeinden einen weiteren Eckpunkt des indirekten Gegenvorschlags dar. Zusammen mit den Kantonen sollen deshalb Massnahmen wie naturnahe Grün- und Gewässerflächen oder begrünte Dächer und Fassaden in den Siedlungen vorangetrieben werden. Dadurch erhalten Städte und Agglomerationen einen Anreiz, vermehrt Massnahmen zugunsten der Artenvielfalt umzusetzen.
Schliesslich will der Bundesrat die Qualität und Attraktivität der Schweizer Siedlungen und Landschaften mit einer umfassenden Baukultur fördern. Diese verbindet den Schutz und die Pflege des natürlichen und kulturellen Erbes mit einer qualitätsvollen Weiterentwicklung des Siedlungsraums. Städte und Gemeinden sollen sich an neue Anforderungen anpassen und gleichzeitig ihre historischen Eigenarten bewahren können. Um dieses Ziel zu erreichen, wird mit dem Gegenvorschlag das Konzept einer qualitativ hohen Baukultur im Gesetz verankert sowie die Zusammenarbeit mit den Kantonen verstärkt.
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