Die Schweiz galt lange als führender Standort der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Der aktuelle Global Industry Competitiveness Index von BAK Economics zeigt nun jedoch, dass die internationale Konkurrenz aufholt. Erstmals seit fünf Jahren verliert die Schweiz den zweiten Rang und teilt sich neu Platz drei mit Dänemark.
Diskussion über industriepolitische Weichenstellungen
Am Jahresanlass von Scienceindustries stand die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts im Zentrum. Fachvertreterinnen und -vertreter aus Wissenschaft, Politik und Industrie diskutierten Schlussfolgerungen aus dem GICI 2025.
«Das Resultat des diesjährigen Global Industry Competitiveness Index 2025 ist ein Warnsignal für die Schweiz», sagt Annette Luther, Präsidentin von Scienceindustries. «Die Führungsrolle der Schweizer chemisch-pharmazeutischen Industrie ist nicht selbstverständlich, sondern muss immer wieder neu erkämpft werden.»
Besonders kritisch sei laut Luther der Verlust an Dynamik in den Bereichen Innovation und Digitalisierung. «Es braucht jetzt eine Politik, die unsere Stärken – Innovationsgeist, Offenheit und Verlässlichkeit – stützt und nicht durch Überregulierung ausbremst», fordert sie.
Stephan Mumenthaler ergänzt: «Die USA und Irland ziehen davon, während Länder wie die Niederlande und das Vereinigte Königreich mit grossen Schritten aufholen. Die Schweiz bleibt zwar ein globaler Spitzenstandort, insbesondere bei Infrastruktur, Talenten und Stabilität. Aber dort, wo die Zukunft definiert wird – bei der Digitalisierung – hinken wir hinterher.»
Standortqualität bleibt stark – Innovationskraft nimmt ab
Der Schweizer Standort erzielt im GICI 2025 in allen vier Dimensionen der Wettbewerbsfähigkeit weiterhin Spitzenwerte und rangiert jeweils unter den fünf bestplatzierten Ländern. Hervorzuheben sind die starke Infrastruktur, makroökonomische Stabilität und qualifizierte Fachkräfte.
Gleichzeitig geht im internationalen Vergleich Wettbewerbsfähigkeit verloren, insbesondere bei digitaler Durchdringung und regulatorischer Agilität.
Industriepolitik im internationalen Vergleich
Der Bericht zeigt deutliche industriepolitische Strategien anderer Staaten. Länder wie die USA, China und Frankreich setzen verstärkt auf Subventionen, Lokalisationsanforderungen und staatliche Eingriffe.
«Die Schweiz bleibt bei klassischer Industriepolitik zurückhaltend, und das ist auch gut so», sagt Mumenthaler. Gleichzeitig betont er, dass die Schweiz im dynamischen globalen Umfeld gezielte Verbesserungen der Markt- und Standortbedingungen prüfen müsse.
Handlungsbedarf: Standortstrategie auf sechs Pfeilern
Scienceindustries bezeichnet die aktuelle Lage als Wendepunkt und fordert eine strategisch ausgerichtete Standortpolitik. Dazu gehören:
– Verbesserter Marktzugang
– Forschungs- und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen
– Ein wirtschaftsfreundliches Unternehmensumfeld
– Förderung von Fachkräften und Bildung
– Wettbewerbsfähige und sichere Versorgung und Infrastruktur
– Abbau regulatorischer Belastungen
Fazit
Die Schweiz gehört weiterhin zur globalen Spitze der chemisch-pharmazeutischen Industrie, verliert jedoch an Vorsprung. Der GICI 2025 verdeutlicht, dass Handlungsbedarf besteht, insbesondere in den Bereichen Innovation, Digitalisierung und regulatorische Effizienz.