Das Arbeitsgedächtnis ist essenziell für alltägliche Aufgaben wie das Merken von Informationen oder das Verfolgen von Gesprächen. Menschen mit Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depression haben oft Schwierigkeiten, Gedanken zu ordnen oder den Faden im Gespräch zu behalten.
In der Studie untersuchten Forschende die Wirkung von Fampridin bei 43 gesunden Erwachsenen. Das Ergebnis: Teilnehmende mit einem eingeschränkten Arbeitsgedächtnis zeigten nach einer dreitägigen Einnahme von Fampridin signifikante Verbesserungen in kognitiven Tests. Personen mit bereits gutem Arbeitsgedächtnis profitierten hingegen nicht vom Medikament.
Fampridin erhöhte zudem die Erregbarkeit des Gehirns, wodurch Informationen schneller verarbeitet werden konnten. Dies könnte erklären, warum das Medikament bei kognitiven Einschränkungen wirksam ist.
Neue Perspektiven für psychische Erkrankungen
Die Forschenden planen nun klinische Studien, um Fampridin gezielt bei Erkrankungen wie Schizophrenie und Depression zu testen. „Fampridin ist kein universelles Mittel zur Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses, aber es könnte Menschen mit kognitiven Defiziten helfen“, erklärt Andreas Papassotiropoulos, einer der Studienleiter.
Fampridin beeinflusst spezifische Ionenkanäle in Nervenzellen, die auch bei psychischen Störungen eine Rolle spielen. Der Wirkstoff wurde aufgrund umfassender Genomanalysen gezielt für diese neue Anwendung untersucht.
Bewährtes Medikament mit Potenzial für neue Anwendungen
Fampridin wird derzeit vor allem zur Verbesserung der Gehfähigkeit bei MS-Patienten und -Patientinnen eingesetzt. Die Studie deutet darauf hin, dass es zusätzlich die kognitive Leistungsfähigkeit bei MS unterstützen kann, insbesondere bei langfristig freigesetztem Wirkstoff.
Dieser Ansatz, ein etabliertes Medikament für neue Indikationen zu nutzen, könnte den Weg für weitere Anwendungen in der Psychiatrie und der Neurologie ebnen.
Weitere Studien sind bereits in Planung, um die Einsatzmöglichkeiten von Fampridin in der Therapie psychischer Störungen zu evaluieren.
Literatur
Andreas Papassotiropoulos et al.: "The effect of fampridine on working memory: A randomized controlled trial based on a genome-guided repurposing approach". Molecular Psychiatry (2024), doi: 10.1038/s41380’024 -02820-1