Forscher haben ein neues Material entwickelt, das sich von der einzigartigen Struktur der blauen Federn des nordamerikanischen Rotkehl-Hüttensängers inspirieren lässt. Dieses Material weist nicht nur eine ähnliche Struktur wie die Vogelfedern auf, sondern zeigt auch bemerkenswerte Vorteile für diverse Anwendungen.
Die blaue Farbe des Gefieders des Rotkehl-Hüttensängers ist ein Produkt seiner speziellen Federstruktur, nicht von Pigmenten. Die Federn sind durchzogen von winzigen Kanälen mit einem Durchmesser von nur wenigen hundert Nanometern. Diese spezielle Struktur hat das Interesse von Forschern des Labors für weiche und lebende Materialien der ETH Zürich geweckt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, dieses Material nachzuahmen. Durch eine innovative Methode ist es ihnen gelungen, ein Material zu schaffen, das nicht nur die Struktur der Vogelfedern widerspiegelt, sondern auch praktisches Potenzial aufweist.
Der Ansatz der Naturimitation
ie Wissenschaftler verwendeten einen Polymergummi als Ausgangsmaterial, der dehnbar, formbar und transparent ist. Diesen Gummi legten sie in eine ölhaltige Lösung und behandelten ihn mehrere Tage lang in einem Ofen bei 60 Grad Celsius. Nach dem Abkühlen wurde der Gummi aus der Lösung genommen, und unter dem Mikroskop zeigte sich eine veränderte Nanostruktur, die ähnliche Netzwerkstrukturen wie die Feder des Hüttensängers aufwies. Der Hauptunterschied bestand in der Dicke der gebildeten Kanäle – bei den Vogelfedern etwa 200 Nanometer und beim Gummi 800 Nanometer.
Das zugrunde liegende Prinzip dieser Netzwerkbildung ist die Phasentrennung. Ähnlich wie bei einer Salatsauce aus Öl und Essig, die sich beim Mischen nicht dauerhaft verbinden, können die beiden Materialien getrennt und dann durch Erhitzen und anschliessendes Abkühlen miteinander vermischt werden. Dies führte zur Bildung eines mikroskopischen Kanalnetzwerks im Inneren des Gummis.
Erstautorin Carla Fernández Rico erklärt: "Wir können die Bedingungen so kontrollieren, dass sich Kanäle während der Phasentrennung bilden. Wir stoppen den Prozess, bevor die Phasen vollständig verschmelzen." Diese kanalartige Struktur ähnelt stark den Strukturen der Vogelfedern.
Vorteile und potenzielle Anwendungen
as neue Material ist skalierbar und kann mehrere Zentimeter gross sein. "Im Prinzip kann man ein beliebig grosses Stück gummiartigen Plastik verwenden. Allerdings braucht es dann auch entsprechend grosse Behälter und Öfen", erklärt Fernández Rico.
Diese neue Methode hat das Interesse der Physik-Community geweckt. Mehrere Gruppen kontaktierten die Forscher, um Modelle zur Vorhersage der Ergebnisse und zum Verständnis der grundlegenden physikalischen Prinzipien dieses Prozesses zu empfehlen.
Das Material birgt Potenzial für verschiedene Anwendungen, darunter längere Batterielebensdauer und verbesserte Wasserfiltration. In Batterien könnte das Material den Kontakt zwischen Elektroden durch ein Netzwerk aus miteinander verbundenen Kanälen ersetzen, was zu einer effizienteren Energieübertragung führen könnte. Bei Wasserfiltern könnten diese kanalartigen Strukturen Schmutzpartikel und Bakterien effizient entfernen.
Zukunftsperspektiven für nachhaltige Materialien
Trotz des Potenzials des Materials ist es noch nicht marktreif. Ein wichtiger Faktor ist die Kostenreduzierung der ölhaltigen Lösung. Fernández Rico plant, ihre Forschung auf natürliche Polymere wie Zellulose oder Chitin auszuweiten, die umweltfreundlicher sind als Erdöl-basierte Materialien. Ihr Ziel ist es, diese Materialien funktionaler zu machen und ihr Potenzial auszuschöpfen.