Die Chemie-, Pharma- und Life-Sciences-Unternehmen sind sehr innovativ tätig und investieren jedes Jahr über sechs Milliarden Franken in die heimische Forschung. Das müssen sie, um dem stark umkämpften, globalen Wettbewerb standzuhalten. Die innovativen Produkte unserer Industrien kommen auch den Menschen und der Umwelt zugute. Damit dies so bleibt, sind ein verlässliches und wissenschaftsbasiertes regulatorisches Umfeld sowie Planungssicherheit zentral.
Innovation als treibende Kraft – auch im Pflanzenschutz
Einschränkungen oder gar Verbote sind für eine offene Gesellschaft der falsche Weg. Dies gilt auch beim Pflanzenschutz, gerade auch, weil neue Wirkstoffe nicht einfach auf Knopfdruck gefunden werden können: Die Entwicklung und Zulassung eines neuen Wirkstoffs dauern in der Regel rund 10 bis 12 Jahre, die Kosten betragen etwa 280 Millionen Franken.
Die Landwirtschaft braucht – wie die übrige Wirtschaft auch – alle verfügbaren Technologien, um die Herausforderung zu bewältigen, immer ressourceneffizienter und nachhaltiger produzieren zu können und somit wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier steht die Forschung explizit im Dienst nachhaltiger Lösungen: Durch neue Methoden wie die neue Pflanzenzüchtungsmethode Genome Editing, die die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen unter den gegebenen Standort- und Klimaverhältnissen erhöht, kann der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln massiv gesenkt werden. Digitale Innovationen ermöglichen mittels Robotik oder Drohnen präzise Applikationen geringster Mengen von Pflanzenschutzmitteln. Eine wissenschaftsbasierte Regulierung ermöglicht, dass Innovationen auch die Schweizer Landwirtschaft erreichen. Die Trinkwasser- sowie die Pestizid-Initiative hätten einen stark bremsenden Effekt auf die Innovation und würden kaum zu einem besseren Umweltschutz führen.
Hürdenfreier Zugang zu den Weltmärkten erhalten und ausbauen
98 Prozent der von unseren Mitgliedern produzierten Güter gehen in den Export. Damit generieren die chemisch-pharmazeutischen Unternehmen rund 45 Prozent aller Ausfuhren der Schweiz, was diese Industrie zum grössten Exporteur der Schweiz und zu einer sehr wichtigen Stütze der Schweizer Wirtschaft macht. Deshalb ist es auch essenziell, dass diese Industrie ohne grosse bürokratische Hürden forschen, entwickeln und ihre Produkte ohne Handelshemmnisse exportieren kann. Durch die protektionistische Wirtschaftspolitik der USA und deren Spannungen mit China und der EU wird der Zugang zu den globalen Märkten beispielsweise durch Zölle für unsere Mitgliedsunternehmen immer mehr erschwert.
Freihandelsabkommen sind das effizienteste Instrument für den gegenseitigen Zollabbau, die Vereinfachung der Handelsverfahren sowie die Gewährleistung eines starken und einheitlichen Schutzes der geistigen Eigentumsrechte. Die Abkommen mit Indonesien und den Mercosur-Staaten befürwortet scienceindustries, da es den exportorientierten Firmen unserer Industrien den Marktzugang erleichtert und darüber hinaus Rechtssicherheit schafft. Für unsere forschungsintensive Industrie ist wesentlich, dass der Schutz des geistigen Eigentums über den internationalen Mindestschutzstandard der WTO hinausgeht. Dabei sind für unsere Industrien insbesondere der Patent- und Testdatenschutz von grosser Bedeutung.
Bilaterale Verträge mit der EU stärken
Unsicherheit ist Gift für eine funktionierende und erfolgreiche Wirtschaft. Das zeigt sich beispielhaft beim Einbruch der Investitionen im Vereinigten Königreich durch die jahrelangen Brexit-Verhandlungen, noch bevor Grossbritannien den Austritt aus der EU vollzogen hat. Die Schweiz hat mit dem Vereinigten Königreich ein Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, das Handelsabkommen, das Versicherungs- und das Strassenverkehrsabkommen sowie das Luftverkehrsabkommen unterzeichnet. Das verschafft der Wirtschaft beider Länder die nötige Rechtssicherheit.
Die Industrien Chemie Pharma Life Sciences profitieren überdurchschnittlich vom Binnenmarkt mit der Europäischen Union, so gehen über 50 Prozent der Exporte unserer Industrien in die EU. Für unsere forschungsintensiven, exportorientierten Mitgliedsunternehmen sind die bestehenden bilateralen Abkommen daher ein wichtiger Standortfaktor. Folgerichtig unterstützt scienceindustries das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU und lehnt die Kündigungsinitiative (Begrenzungsinitiative) der SVP entschieden ab. Bei einer Nichtunterzeichnung des institutionellen Rahmenabkommens ist es absehbar, dass der bilaterale Weg zu einem kompletten Stillstand kommt und weiterer Schaden für die Schweizer Wirtschaft sowie die akademische Forschung zu befürchten ist. Für die Unternehmen in der Schweiz ist es wichtig, dass wieder Klarheit über die Zusammenarbeit mit der EU herrscht.
Mit pragmatischen Lösungen den ökologischen Forderungen begegnen
Mit der «Klimawahl» vom Herbst 2019 wurden Forderungen nach höheren Abgaben auf Benzin und Heizöl sowie auf Flugtickets laut. Wir unterstützen das Ziel des Bundesrates, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 50 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Die Massnahmen müssen allerdings für die Wirtschaft tragbar sein. Das Zielvereinbarungssystem ist hierbei ein sehr wirksames Instrument, um den CO2-Ausstoss zu senken, es soll daher für möglichst viele Unternehmen ermöglicht werden. Eine Erhöhung der CO2-Abgabe ist hingegen nicht angezeigt, da die Abgaben in der Schweiz bereits jetzt weltweit am höchsten sind und diese zudem auch international abgestimmt sein müssten. Nur so kann eine internationale Wettbewerbsverzerrung vermieden werden respektive wird der Produktionsstandort Schweiz nicht benachteiligt.
Ein international abgestimmtes Vorgehen ist auch bei der Unternehmens-Verantwortungs-Initiative angezeigt. Die chemisch-pharmazeutische Industrie unterstützt den Vorschlag des Bundesrates, dass Schweizer Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden über die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards im Ausland künftig berichten müssen. Der Bundesrat beauftragte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) damit, sich in der parlamentarischen Debatte zum indirekten Gegenvorschlag der Unternehmens-Verantwortungs-Initiative für eine Vorlage einzusetzen, welche dem internationalen Standard in den Bereichen Menschenrechte und Umweltschutz entspricht. So wird dem berechtigten Anliegen der Initianten auf eine wirtschaftsverträgliche Art und Weise Rechnung getragen.
Die bei scienceindustries vertretenen global tätigen Unternehmen halten sich an die lokalen gesetzlichen Vorschriften in den jeweiligen Ländern, beispielsweise in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Sicherheitsstandards und Umweltschutz. So verpflichtet sich die chemisch-pharmazeutische Industrie bereits seit 1991 freiwillig mit der globalen Initiative «Responsible Care» zum sicheren Umgang mit ihren Produkten über deren gesamten Lebenszyklus. In der Schweiz setzt sich scienceindustries aktiv für die Einhaltung dieser weltweiten «Responsible Care»-Grundsätze ein. Darüber hinaus orientieren sich unsere Mitgliedsunternehmen an international anerkannten Sozial- und Umweltstandards, wenn lokale Gesetze und Gepflogenheiten diesen Standards nicht genügen. Ein Schweizer Alleingang verbessert weder die Umweltstandards noch die Menschenrechte und ist daher abzulehnen.
Dr. Matthias Leuenberger ist Präsident von scienceindustries, dem Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences, sowie Schweizer Länderchef der Novartis International AG.
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