In Zusammenarbeit mit dem Inselspital Bern haben Forschende des Paul Scherrer Instituts (PSI) eine neue Therapie gegen Lymphdrüsenkrebs entwickelt. Der Ansatz basiert auf dem radioaktiven Nuklid Terbium-161, das an einen Antikörper gekoppelt wird, der gezielt an CD30-Rezeptoren auf der Oberfläche von Tumorzellen andockt. Diese Struktur kommt bei etwa einem Drittel aller Lymphdrüsenkrebspatientinnen und -patienten vor – insbesondere bei schwer behandelbaren T-Zell-Lymphomen.
«Dabei wird die radioaktive Substanz Terbium-161 an einen Antikörper gekoppelt und in dieser Form in das Blut der Betroffenen gespritzt», erklärt Martin Béhé vom Zentrum für radiopharmazeutische Wissenschaften im Zentrum für Life Sciences am PSI. Der Antikörper dockt im Körper an eine Struktur an, die bei Tumorzellen des Lymphdrüsenkrebs besonders häufig vertreten ist: dem sogenannten CD30-Rezeptor. «So wird das radioaktive Terbium direkt an den Ort des Tumorgeschehens gebracht, um dort mit seiner radioaktiven Strahlung Krebszellen zu töten.»
Gezielte Wirkung auf kleinste Tumorherde
Im Unterschied zum etablierten Nuklid Lutetium-177, das bevorzugt grössere Tumore angreift, wirkt Terbium-161 auch auf einzelne Krebszellen und mikroskopisch kleine Cluster. Der Grund: Zusätzlich zu Beta-Strahlung emittiert Terbium-161 sogenannte Auger- und Konversionselektronen, deren Reichweite weniger als ein Mikrometer beträgt – ideal zur Behandlung zirkulierender Tumorzellen im Blut.
«Terbium-161 feuert sozusagen präzisere Geschosse ab», umschreibt es Elisa Rioja-Blanco, Erstautorin der Studie. «Wir erwischen so auch kleine Tumorherde, von denen die Ärztinnen und Ärzte vielleicht zu dem Zeitpunkt noch gar nichts wissen.»
Präklinische Tests zeigen deutliche Vorteile
Im Laborversuch konnte der Terbium-Wirkstoff Krebszellen – je nach Zelllinie – bis zu 43-mal effektiver abtöten als das Lutetium-Pendant. Grund ist der stärkere DNA-Schaden, der durch Terbium ausgelöst wird. In Tierversuchen überlebten mit Terbium-161 behandelte Mäuse doppelt so lang – einige waren nach der Therapie sogar vollständig tumorfrei.
«So sehen wir, wo sich die Substanz im Körper ansammelt und ob sie Tumore auch erreicht», erklärt Elisa Rioja-Blanco.
Von der Forschung zur klinischen Anwendung
Die Forscherinnen und Forscher am PSI bereiten derzeit die nächsten Schritte zur klinischen Testung vor. Unterstützt wird das Projekt von der Lymphoma Challenge der ETH Zürich und einer Folgefinanzierung durch Innosuisse. Ziel ist es, den Wirkstoff zu optimieren und ihn perspektivisch für den Einsatz in der Humanmedizin zuzulassen.
«Unsere Ergebnisse liefern gute Hinweise darauf, dass sich der Wirkstoff auch im Menschen als wirksames Mittel gegen Lymphome erweisen könnte», sagt Elisa Rioja-Blanco.