Eine Spende gesunder Blutstammzellen kann die entscheidende Wende für Leukämie-Betroffene bringen. Solche Therapien sind jedoch eine schwere Belastung für den Körper, müssen doch die eigenen Blutstammzellen zunächst durch eine Chemotherapie entfernt werden, bevor die neuen, gesunden injiziert werden können.
Das Start-up Cimeio Therapeutics will die Blutstammzellen-Transplantation verträglicher machen. Kern dieser Vision ist ein Ansatz, den Dr. Romina Matter-Marone, Dr. Rosalba Lepore und Lukas Jeker vom Departement Biomedizin der Universität Basel entwickelt haben. Durch die Zusammenarbeit zwischen Cimeio und dem Unternehmen Prime Medicine rückt der Einsatz der Technologie bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten nun ein grosses Stück näher.
Sanfter Übergang wie am Mischpult
Im Radio oder in der Disco gehen die einzelnen Songs fliessend ineinander Über, indem das endende Stück heruntergepegelt und die Lautstärke des neuen Lieds parallel hochgefahren wird. Ähnlich will Cimeio ermöglichen, künftig die körpereigenen, erkrankten Blutstammzellen schonend zu entfernen und die neuen, gesunden bereits parallel dazu im Körper zu etablieren.
Möglich macht das eine gezielte Veränderung eines Oberflächenproteins der gespendeten Blutstammzellen, so dass körpereigene und gespendete Zellen unterscheidbar werden. Therapeutische Antikörper können dann das ’Original’-Oberflächenprotein auf den entarteten Blutstammzellen angreifen und sie eliminieren, während die neuen Zellen nicht erkannt werden und unberührt bleiben.
Die Basler Forschenden wollen den Bauplan für geeignete Oberflächenproteine so verändern, dass sie ihre Funktion noch genauso erfüllen wie zuvor, aber für Antikörper anders ’aussehen’. Welche Veränderungen dafür nötig sind, haben sie bereits herausgefunden. Nun braucht es noch eine Methode, um dieses ’Umschreiben’ des genetischen Bauplans so effizient und sicher wie möglich hinzubekommen.
Hier kommt das Unternehmen Prime Medicine ins Spiel: Es kommerzialisiert eine neuartige Methode, um Gene in Zellen umzuschreiben. Ähnlich wie bei der Genschere Crispr-Cas9, die gezielte Schnitte im Erbgut ermöglicht, kann man sich ihre Weiterentwicklung ’Prime Editing’ wie eine ’Suchen und Ersetzen’-Funktion für den DNA-Code vorstellen. Der Vorteil des ’Prime Editing’: Der DNA-Strang wird anders als bei Crispr-Cas9 nicht zerschnitten, es entsteht also kein potenziell riskanter Schaden am Erbgut und es kann jede beliebige Veränderung vorgenommen werden.
Das Unternehmen konnte jüngst beweisen, dass es mit dieser Methode Gene in Blutstammzellen effizient, zielgenau und ohne unerwünschte Nebeneffekte umschreiben kann. Diese Technologie kann im Rahmen der Zusammenarbeit mit Cimeio dazu dienen, die gespendeten Blutstammzellen nach Wunsch zu verändern.
Reparatur im Körper
Dereinst könnte dieses Editieren des Erbguts der Blutstammzellen sogar im Körper der Patientinnen und Patienten an ihren eigenen Blutstammzellen stattfinden. Eine Reihe genetisch bedingter Blutkrankheiten liessen sich so womöglich heilen: In den Stammzellen würden gleichzeitig der krankmachende Gendefekt repariert und das besagte Oberflächenprotein verändert, so dass es von therapeutischen Antikörpern nicht mehr erkannt wird. Ausgemerzt würden dann nur solche Blutstammzellen, die nicht repariert wurden.
Lukas Jeker und seine Kolleginnen vom Departement Biomedizin arbeiten weiterhin eng mit Cimeio zusammen. ’So konnten wir die nötigen Veränderungen im Oberflächenprotein viel genauer studieren, als wir das alleine im akademischen Labor machen könnten’, sagt Jeker. ’Ohne die Zusammenarbeit würden unsere Forschungsresultate zwar veröffentlicht, aber wir müssten darauf hoffen, dass jemand anderes sie für Patientinnen und Patienten umsetzt.’ Die Kollaboration von Cimeio mit Prime Medicine bedeute nun, dass die am besten geeignete Veränderung am Oberflächenprotein mit der am besten geeigneten Editing-Technologie und für mehr Krankheitsindikationen umgesetzt werden könne.