Offenbar werden die in der Alternativmedizin beliebten Öle aus der Hanfpflanze immer öfter missbräuchlich geschluckt, um eine berauschende Wirkung zu erzielen. Die Behörden wollen dieses nun mit einer neuen Verfügung unterbinden, die im Bundesblatt 2022 668 publiziert worden ist.
Die aktuelle Allgemeinverfügung regelt das Inverkehrbringen von CBD-haltigem Duftöl und sieht vor, dass künftig Vergällungsmittel in geeigneter Konzentration enthalten sein müssen, um die Verbraucher zum Schutz der Gesundheit von einer missbräuchlichen oralen Einnahme abzuhalten. Dieses gilt für in Verkehr gebrachte Zubereitungen mit CBD als Duftöl, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass das CBD-Duftöl von Konsumentinnen und Konsumenten missbräuchlich oral eingenommen wird. Die Verfügung soll nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten rechtskräftig werden, falls keine Beschwerden eingehen. Weitere Einzelheiten finden sich im Onlineportal.
Zunehmender Missbrauch
CBD ist zwar nicht psychoaktiv, die Öle dürfen aber bis zu einem Prozent des psychoaktiven Tetrahydrocannabinols (THC) enthalten. Dazu äusserte sich Biochemiker und Cannabis-Experte Jürg Gertsch im Tagesanzeiger: «Das ist zu gering, um eine Rauschwirkung zu erzeugen», es sei deshalb ein Irrglaube, dass man sich mit CBD-Ölen «high» machen könne.
Ebenfalls äusserte sich BAG-Sprecherin Simone Buchmann und gab an, dass man nebst der missbräuchlichen Einnahme auch festgestellt habe, «dass CBD-haltige Produkte, die zur Einnahme vorgesehen sind, als Produkte verkauft werden, die unter das Chemikalienrecht fallen, um die Anforderungen des Heilmittel- oder Lebensmittelrechts zu umgehen», wo die Anforderungen an Qualität und Sicherheit höher sind als im Chemikalienrecht. Die meisten CBD-Öle fallen jedoch unter das Chemikalienrecht und sind deshalb in keinem Fall zum Einnehmen bestimmt.
Ob alle CBD-Öle in Zukunft vergällt werden, ist noch unklar. Wenn nicht, müssten Öle zur oralen Einnahme zunächst von der Zulassungs- und Kontrollbehörde Swissmedic geprüft werden, was einige Zeit in Anspruchen nehmen kann.
Die Hanfbranche zeigt sich enttäuscht
Die neue Regelung dürfte einschneidend auf die florierende Hanfbranche wirken. Thomas Bär, Vizepräsident des Verbandes der Schweizer Cannabis-Industrie IG Hanf teilte mit, dass man die Verfügung «mit Bedauern» zur Kenntnis nehme. Der Entscheid werde als «unverhältnismässig» empfunden und das Missbrauchs- und Gefahrenpotenzial seitens Behörden «völlig übertrieben» dargestellt. «Nach unserem Kenntnisstand ist bis heute kein Fall bekannt, bei dem jemand nach der Einnahme CBD-haltiger Öle einen gesundheitlichen Nachteil davongetragen hätte.»
Wissenschaftler Jürg Gertsch betrachtet den Behördenentscheid dagegen «notwendig und überfällig», da es doch noch viele Fragezeichen gebe und es bei chronischen Überdosierungen zum Beispiel zu Leberschäden kommen kann.
«Heilpflanze mit Potenzial»
Gertsch deutet das Vorgehen der Behörden im Gegensatz zur Hanfbranche vielmehr als «positives Signal» dafür, dass der Staat sich ist gegenüber Cannabis offen zeigt und ihn vermehrt auch zugänglich machen will – allerdings besser kontrolliert als bisher. «Gerade die CBD-Produkte haben Potenzial, sie könnten bald als rezeptfreie Arzneimittel breite Anwendung finden.»