Eine aktuelle Auswertung der Wirtschaftsauskunftei Creditsafe Deutschland zeigt: Die deutsche Chemie- und Pharmabranche steht trotz starker Marktstellung unter wachsendem finanziellem Druck. Ursachen sind Innovations- und Investitionszwänge, volatile Rohstoffmärkte sowie steigende regulatorische Anforderungen. Die Zahlen verdeutlichen strukturelle Schwachstellen – mit möglichen Auswirkungen auch auf die Schweiz.
Pharma: Innovationsdruck trifft auf hohe Kapitalbindung
Die Entwicklung neuer Medikamente ist kostenintensiv: Durchschnittlich 2.6 Milliarden US-Dollar pro Präparat, verteilt über zehn Jahre. Hinzu kommen Herausforderungen durch Generikakonkurrenz, Preisregulierung und geopolitische Unsicherheiten.
Laut Creditsafe ist jedes fünfte deutsche Pharmaunternehmen überschuldet (22.6 Prozent). Die Eigenkapitalquote liegt im Branchenschnitt bei 25.1 Prozent. Zwar bleibt die Liquidität mit einem durchschnittlichen Zahlungsverhalten von 11.4 Tagen stabil, doch die hohe Anlagenintensität (59.6 Prozent) unterstreicht die Kapitalabhängigkeit der Branche.
Chemie: Rohstoffpreise und Umweltauflagen setzen unter Druck
In der Chemieindustrie verschärfen volatile Rohstoffpreise und strengere Umweltziele den Anpassungsbedarf. Besonders betroffen sind international aufgestellte Unternehmen, die von globalen Lieferketten abhängen.
Die Analyse zeigt: Die Eigenkapitalquote liegt mit 29.3 Prozent zwar höher als im Pharmasektor, dennoch sind 17.7 Prozent der Unternehmen überschuldet. Das Zahlungsverhalten ist mit 6.9 Tagen deutlich effizienter – ein Indikator für kurzfristige Stabilität. Die Ausfallwahrscheinlichkeit liegt bei moderaten 1.3 Prozent.
Fazit: Hoher Investitionsbedarf trifft auf strukturelle Risiken
Beide Branchen zeigen sich grundsätzlich robust, offenbaren jedoch strukturelle Schwächen. Während Pharmaunternehmen unter Innovations- und Zulassungsdruck stehen, kämpfen Chemiebetriebe mit Transformationskosten und Preisvolatilität. Die Geschäftsauflösungsraten – 3.3 Prozent in der Pharma- und 2.2 Prozent in der Chemiebranche – zeigen den Anpassungsdruck deutlich.
Relevanz für die Schweiz
Deutschland ist für die Schweiz ein zentraler Wirtschafts- und Innovationspartner im Life-Science-Sektor. Viele Schweizer Unternehmen sind Teil grenzübergreifender Lieferketten oder auf Kooperationen mit deutschen Forschungspartnern angewiesen. Eine sinkende Bonität oder steigende Ausfallwahrscheinlichkeit deutscher Marktteilnehmer kann auch die Risikobewertung und Geschäftsstrategie hiesiger Firmen beeinflussen. Frühzeitige Bonitätsprüfungen und ein starkes Risikomanagement sind daher auch für Schweizer Akteure unerlässlich.