Die lebende Folie ist nahezu transparent und besitzt eine gute Reissfestigkeit. Sie könnte etwa als Bio-Kunststoff zum Einsatz kommen. Bild: Empa

Dr. Gustav Nyström (links) und Ashutosh Sinha (rechts). Foto: Empa

Die Pilzkultur des Gemeinen Spaltblättlings auf einem Nährmedium. Aus der Petrischale rechts wurden Proben entnommen. Bild: Empa

Die Pilzfolie reagiert reversibel auf Feuchtigkeit und könnte für biobasierte Feuchtigkeitssensoren eingesetzt werden (3x beschleunigt). Bild: Empa

Dank den Hilfsmolekülen in ihrer extrazellulären Matrix sind die Mycelfasern gute natürliche Emulgatoren – sie sind sogar essbar. Bild: Empa

Faserverbundwerkstoff aus der Natur

Publiziert

Pilze gelten als eine vielversprechende Quelle für biologisch abbaubare Materialien. Empa-Forschende haben ein neues Material entwickelt, das auf einem Pilzmycel und dessen extrazellulärer Matrix basiert. Das verleiht dem Biomaterial besonders vorteilhafte Eigenschaften.

Nachhaltig produzierte, biologisch abbaubare Materialien sind ein wichtiger Schwerpunkt der modernen Materialforschung. Doch die Verarbeitung natürlicher Materialien wie Cellulose, Lignin oder Chitin stellt Forschende vor einen Kompromiss. In ihrer reinen Form sind die natürlichen Werkstoffe zwar biologisch abbaubar, aber oft nicht leistungsfähig genug. Durch chemische Verarbeitungsschritte lassen sie sich stärker, widerstandsfähiger oder geschmeidiger machen – dabei büssen sie aber wiederum an Nachhaltigkeit ein.

Empa-Forschende aus dem Labor «Cellulose and Wood Materials» haben nun ein biobasiertes Material entwickelt, das diesen Kompromiss geschickt umgeht. Es ist nicht nur vollständig biologisch abbaubar, sondern auch reissfest und besitzt vielseitige funktionale Eigenschaften. Das alles mit minimalen Verarbeitungsschritten und ganz ohne Chemie – man kann es sogar essen. Sein Geheimnis: Es lebt.

Von der Natur optimiert

Als Grundlage für ihr neuartiges Material verwendeten die Forschenden das Mycel des Gemeinen Spaltblättlings, ein weit verbreiteter essbarer Pilz, der auf totem Holz wächst. Mycelien sind Wurzel-ähnliche fadenförmige Pilzstrukturen, die bereits rege als potenzielle Materialquellen erforscht werden. Normalerweise werden die Mycelfasern – sogenannte Hyphen – dafür gereinigt und gegebenenfalls chemisch bearbeitet, was den bekannten Kompromiss zwischen Leistung und Nachhaltigkeit mit sich bringt.

Die Empa-Forschenden wählten einen anderen Ansatz. Anstatt das Mycel aufwändig aufzubereiten, verwenden sie es als Ganzes. Beim Wachsen bildet der Pilz nämlich nicht nur die Hyphen aus, sondern auch eine sogenannte extrazelluläre Matrix: ein Netz aus unterschiedlichen faserartigen Makromolekülen, Proteinen und weiteren biologischen Stoffen, die die lebenden Zellen absondern. «Der Pilz nutzt diese extrazelluläre Matrix, um sich Struktur und andere funktionale Eigenschaften zu verleihen. Warum sollten wir nicht dasselbe tun?», erklärt Empa-Forscher Ashutosh Sinha. «Die Natur hat bereits ein optimiertes System entwickelt», ergänzt Gustav Nyström, Leiter des «Cellulose and Wood Materials»-Labors.

Mit ein bisschen gezielter Nachoptimierung haben die Forschenden der Natur auf die Sprünge geholfen. Aus der enormen genetischen Diversität des Gemeinen Spaltblättlings wählten sie einen Stamm, der besonders viel von zwei bestimmten Makromolekülen bildet: dem langkettigen Polysaccharid Schizophyllan und dem seifenähnlichen Protein Hydrophobin. Hydrophobine sammeln sich aufgrund ihrer Struktur an Grenzflächen zwischen polaren und apolaren Flüssigkeiten, beispielsweise Wasser und Öl. Schizophyllan ist eine Nanofaser: weniger als einen Nanometer dick, aber mehr als tausendmal so lang. Gemeinsam verleihen diese zwei Biomoleküle dem lebenden Mycelmaterial Eigenschaften, die es für verschiedenste Einsatzgebiete fit machen.

Ein lebender Emulgator

Die Vielseitigkeit ihres Materials zeigten die Forschenden gleich selbst im Labor. In ihrer Studie, die vor kurzem in der Fachzeitschrift «Advanced Materials» veröffentlicht wurde, stellten sie zwei Anwendungsmöglichkeiten für das lebende Material vor: eine kunststoffähnliche Folie und eine Emulsion. Emulsionen sind Mischungen aus zwei oder mehr Flüssigkeiten, die sich normalerweise nicht mischen lassen. Wer ein Beispiel sehen möchte, braucht bloss den Kühlschrank zu öffnen: Milch, Salatsauce oder Mayonnaise zählen dazu. Aber auch diverse Kosmetika, Farben und Lacke liegen als Emulsionen vor.

Eine Herausforderung besteht darin, solche Gemische zu stabilisieren, damit sie sich über Zeit nicht wieder in die einzelnen Flüssigkeiten «entmischen». Hier zeigt sich das lebende Mycel von seiner besten Seite: Sowohl die Schizophyllan-Fasern als auch die Hydrophobine wirken als Emulgatoren. Und der lebende Pilz gibt laufend mehr von diesen Molekülen ab. «Das ist wohl die einzige Art von Emulsion, die mit der Zeit stabiler wird», sagt Sinha. Sowohl die Pilzfäden selbst als auch ihre Hilfsmoleküle sind dabei komplett ungiftig, biologisch kompatibel und sogar essbar – der Gemeine Spaltblättling gilt in weiten Teilen der Welt als Speisepilz. «Die Anwendung als Emulgator in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie ist daher besonders interessant», weiss Nyström.

Von Kompostbeuteln zu Batterien

Aber auch für klassische Materialanwendungen kommt das lebende Pilznetzwerk in Frage. In einem zweiten Experiment haben die Forschenden dünne Folien aus ihrem Mycel hergestellt. Die extrazelluläre Matrix mit den langen Schizophyllan-Fasern verleiht dem Material eine sehr gute Reissfestigkeit, die durch gezieltes Ausrichten der Pilz- und Polysaccharidfasern weiter verstärkt werden kann.

«Wir verbinden die bewährten Methoden zur Verarbeitung von faserbasierten Materialien mit dem aufstrebenden Gebiet der lebenden Materialien», erläutert Nyström. Sinha ergänzt: «Unser Mycel ist sozusagen ein lebender Faserverbundwerkstoff.» Die Eigenschaften dieses Werkstoffs können die Forschenden steuern, indem sie die Bedingungen verändern, unter denen der Pilz wächst. Denkbar wäre auch der Einsatz anderer Pilzstämme oder -arten, die andere funktionale Makromoleküle produzieren.

 Die Arbeit mit dem lebendigen Werkstoff bringt aber auch gewisse Herausforderungen mit sich. «Biologisch abbaubare Materialien reagieren immer auf ihre Umgebung», weiss Nyström. «Wir wollen Anwendungsmöglichkeiten finden, bei denen diese Interaktion nicht hinderlich ist – oder sogar von Vorteil.» Die biologische Abbaubarkeit ist indes nur ein Teil der Geschichte für das Mycel. Es ist auch biologisch abbauend: Der Gemeine Spaltblättling kann Holz und pflanzliche Materialien aktiv zersetzen. Hier sieht Sinha eine weitere Anwendungsmöglichkeit: «Anstelle der kompostierbaren Plastikbeutel für Küchenabfälle könnte man daraus Beutel herstellen, die die organischen Abfälle selbst kompostieren», sagt der Forscher.

Vielversprechende Anwendungen gibt es für das Mycel aber auch im Bereich der nachhaltigen Elektronik. So reagiert das Pilzmaterial beispielsweise reversibel auf Feuchtigkeit und könnte zur Herstellung von bioabbaubaren Feuchtigkeitssensoren verwendet werden. Eine weitere Anwendung, an der Nyströms Team gerade arbeitet, kombiniert das lebende Material mit zwei weiteren Forschungsprojekten aus dem «Cellulose and Wood Materials»-Labor: der Pilzbatterie und der Papierbatterie. «Wir wollen eine kompakte, biologisch abbaubare Batterie herstellen, deren Elektroden aus einem lebenden ‹Pilzpapier› bestehen», sagt Sinha.

Literatur

A Sinha, LG Greca, N Kummer, C Wobill, C Reyes, P Fischer, S Campioni, G Nyström: Living Fiber Dispersions from Mycelium as a New Sustainable Platform for Advanced Materials; Advanced Materials (2025); doi: 10.1002/adma.202418464

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