In einer Übersicht über Frauen in Führungsetagen deutscher Chemie-Pharma-Firmen fasste Andreas Gruss (Chemanager 5/2023) über das Jahr 2023 die folgenden Zahlen und Fakten zusammen:
Der Anteil von Top-Managerinnen in den DAX-Unternehmen steigt, jedoch nimmt die Dynamik ab. In den letzten zwölf Monaten wurden sechs Frauen in die Vorstände der 20 umsatzstärksten deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen berufen, wodurch ihr Anteil auf über 27 Prozent stieg. Allerdings zeigen Studien, dass Frauen die Vorstände schneller verlassen als ihre männlichen Kollegen. Die Führungsetagen der deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen werden weiblicher, aber die höhere Fluktuation der Frauen bleibt ein besorgniserregendes Thema.
Im Jahr 2015 waren nur sechs von 106 Vorstandsmitgliedern weiblich. Zum 1. Juli 2024 zählte die Branche 26 Frauen in den Chefetagen. Dies entspricht einem Anstieg um 1,8 Prozentpunkte auf 27,1 Prozent und liegt damit deutlich über dem branchenübergreifenden Women-On-Board-Index der Initiative Fidar, der einen durchschnittlichen Frauenanteil von 18,3 Prozent für die Vorstände aller börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen ermittelt. Dieser Fortschritt verdeutlicht die positiven Auswirkungen von gezielten Massnahmen und Initiativen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen.
Das zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II), das seit August 2022 in Kraft ist, hat massgeblich zur Erhöhung des Frauenanteils beigetragen. Es verpflichtet börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern, mindestens eine Frau und einen Mann ins Gremium zu berufen. Im Jahr 2023 beriefen daraufhin 17 Unternehmen das erste Mal eine Frau in ihren Vorstand. Unter die Regelung fallen derzeit 62 deutsche Konzerne, darunter auch Branchengrössen wie BASF und Bayer. Diese gesetzliche Vorgabe hat zu einer neuen sozialen Norm in der Unternehmenswelt geführt, die die Präsenz von Frauen in Führungspositionen fördert.
Dennoch zeigt sich eine höhere Fluktuation bei Frauen. Laut der Studie von Russell Reynolds verlassen vier von fünf Frauen den Vorstand nach durchschnittlich drei Jahren, während Männer fast acht Jahre bleiben. Zudem sind die ausscheidenden Frauen im Durchschnitt sechs Jahre jünger. Die hohe Nachfrage nach qualifizierten weiblichen Führungskräften könnte ein Grund für diese Fluktuation sein. Es zeigt sich auch, dass Frauen selten die Altersgrenze erreichen, im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, bei denen das Alter bei 35 Prozent der Austritte eine Rolle spielt.
Unternehmen mit diversem Management, so zeigt der Gender Diversity Index 2023 der Boston Consulting Group, wirtschaften nachhaltiger. Gemischt besetzte Führungsteams verpflichten sich häufiger zu offiziellen Nachhaltigkeitszielen und verringern ihren CO2-Ausstoss schneller als Unternehmen mit geringerer Diversität. Dies unterstreicht die Bedeutung von Vielfalt nicht nur für die Gleichberechtigung, sondern auch für wirtschaftliches Wachstum und Umweltfreundlichkeit. Weibliche Führungskräfte und von Frauen geführte Unternehmen tragen wesentlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen und positiven gesellschaftlichen Veränderungen bei.
Während die Geschlechter- und ethnische Diversität in den Vorständen zunimmt, bleibt die Altersdiversität gering. Der Altersdurchschnitt in deutschen DAX-Vorständen beträgt 54,5 Jahre, wobei nur 1 Prozent jünger als 40 ist. Hier stellt sich die Frage, ob eine Quote für U40-Vorstandsmitglieder notwendig ist, um zukünftige Innovationen zu fördern. Ein Beispiel für ein Unternehmen, das bereits jüngere Führungskräfte integriert, ist K+S. Zum 1. Dezember 2023 wurde Christina Daske mit 38 Jahren als zweite Frau in den Vorstand berufen. Diese Massnahmen zeigen, dass auch jüngere Führungskräfte einen wertvollen Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten können.
Die Förderung von Frauen in Führungspositionen bleibt eine wichtige Herausforderung. Der kulturelle Wandel, der durch gesetzliche Vorgaben und gesellschaftliche Debatten angestossen wurde, zeigt erste Erfolge. Dennoch bedarf es weiterer Anstrengungen und eines langfristigen Engagements, um die Geschlechterparität in den Führungsetagen zu erreichen und zu halten. Die Beispiele erfolgreicher Managerinnen in der Chemie- und Pharmabranche dienen als Vorbilder und Motivation für kommende Generationen von weiblichen Führungskräften.