Die Geochemikerin Denise Mitrano hat einen Weg gefunden, zu verfolgen, wie sich Mikro- und Nanoplastikteilchen in der Umwelt verbreiten. Dafür erhält sie den diesjährigen Marie Heim-Vögtlin-Preis des Schweizerischen Nationalfonds.
Menschgemachtes Plastik verschmutzt die Umwelt. In Mikro- und Nanopartikel zerkleinert stellt es nicht nur für die Ozeane und deren Bewohner, sondern auch für Süssgewässer und Böden ein immer grösseres Problem dar. Lange war es kaum möglich, den Verbreitungswegen dieser bis zu wenigen Millionstel Millimeter kleinen Partikel auf die Spur zu kommen. Dies ist nun Denise Mitrano, Geochemikerin an der ETH Zürich, gelungen: Sie entwickelte ein Verfahren, mit dem sich Mikro- und Nanoplastik in Gewässern, Böden und sogar Organismen nachverfolgen lässt. Für diese ausserordentliche Leistung gewinnt sie den diesjährigen Marie Heim-Vögtlin-Preis des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Die Preisverleihung findet am 14. Dezember 2021 anlässlich des Events «Building hope for the future – Celebrating progress in sustainability» in Zürich statt.
Denise Mitrano ist die 13. Preisträgerin. Sie sieht die Auszeichnung als eine wertvolle Anerkennung ihrer bisherigen Arbeit und als Motivation, so weiterzumachen: «Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie sehr inspirierende weibliche Vorbilder helfen, und finde es nun umso schöner, dass ich selbst für Nachwuchsforscherinnen ein Vorbild sein kann. Die Chancengleichheit für Frauen in den Wissenschaften ist mir persönlich wichtig.» Das ist auch ein zentrales Anliegen des SNF. Jedes Jahr vergibt er den mit 25'000 Franken dotierten Preis an eine hervorragende Nachwuchsforscherin.
Plastik in Bewegung – in Gewässern, Böden und Pflanzen
Ursprünglich hatte sich Mitrano nicht mit Plastik, sondern mit synthetischen Metall-Nanopartikeln befasst, wie sie etwa in Textilien und Kosmetika enthalten sind. So kam sie auf die Idee, die Messmethoden für solche Nano-Metalle auf Plastikpartikel zu übertragen. Dazu entwickelte sie ein Verfahren, um Plastikteilchen chemisch mit Metallen zu versetzen. Der Vorteil daran ist, dass sich Metalle mit deutlich empfindlicheren Methoden und schneller vermessen lassen als Plastik. (*1). Finanziert wurde diese Arbeit durch einen Ambizione-Beitrag im Rahmen der Nachwuchsförderung des SNF.
In einer nachgebauten, kleinformatigen Kläranlage untersuchte die Chemikerin, was mit Plastikpartikeln dort passiert (*2). Sie konnte zeigen, dass diese Kläranlage tatsächlich über 95 Prozent des Mikro- und Nanoplastiks aus dem Wasser entfernt und folglich im Klärschlamm anreichert. «Damit ist das Problem der Plastikverschmutzung aber nicht gelöst», sagt Mitrano. Der Grund: Klärschlamm wird in vielen Ländern als Düngemittel verwendet, wodurch die Plastikpartikel wieder in die Umwelt gelangen.
Mikroplastik in der Politik
In weiteren Experimenten untersuchte die gebürtige US-Amerikanerin, was mit dem Mikroplastik in Böden und Pflanzen passiert. Dabei entdeckte sie unter anderem, dass die Partikel von Pflanzen aufgenommen werden und bei diesen eine Stressreaktion auslösen.
Mitrano engagiert sich auch an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik. Erst kürzlich hat sie eine Beurteilung von neuen Definitionen und Vorschriften zu Mikroplastik der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) veröffentlicht (*3). «Je mehr wir über die Wege der Plastikpartikel und deren schädliche Auswirkungen wissen, desto besser können wir in Zukunft verhindern, dass Plastik in die Umwelt gelangt», ist Mitrano überzeugt.
Originalveröffentlichung
- (*1) D.M. Mitrano et. al; "Synthesis of metal-doped nanoplastics and their utility to investigate fate and behaviour in complex environmental systems"; Nature Nanotechnology; 2019.
- (*2) St. Frehland et. al; "Long-term assessment of nanoplastic particle and microplastic fiber flux through a pilot wastewater treatment plant using metal-doped plastics"; Water Research; 2020.
- (*3) D.M. Mitrano and W. Wohlleben; "Microplastic regulation should be more precise to incentivize both innovation and environmental safety"; Nature Communications; 2020.